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Filmkritik
Gespannt starrt der Teenager Noah (Mason Thames) den Zeitungsmogul (Kevin James) der Insel Martha’s Vineyard an. Doch der ist von der Reportage des Jungen wenig angetan: viel zu reißerisch und ohne jegliche Beweise. Es ist ein Schlüsselmoment in der Gruselkomödie „Monster Summer“, weil Noah bald auch in seinem Umfeld um seine Glaubwürdigkeit kämpfen muss. Nach und nach widerfährt den Freunden aus seiner Clique etwas Unerklärliches, das sie wie stumm vor sich hinstarrende Untote zurücklässt. Noah ist sich sicher, dass dafür eine Hexe verantwortlich ist, die im Ort ihr Unwesen treibt.
Zunächst scheint es tatsächlich so, als hätte der Junge lediglich eine blühende Fantasie. Den zurückgezogen lebenden Gene (Mel Gibson) hält er anfangs für einen irren Mörder. Nach einer kläglich gescheiterten Überwachungsaktion muss er sich jedoch eingestehen, dass es sich in Wahrheit um einen Ex-Polizisten mit trauriger Vergangenheit handelt. Noahs Freunden ist der sarkastische Rentner dennoch suspekt. Doch dann unterstützt Gene den Jungen bei seinen Ermittlungen, auch wenn er alles Übersinnliche stets rational zu erklären versucht.
Mit nostalgischem Touch
Die titelgebenden Ungeheuer sind in „Monster Summer“ nicht ganz wörtlich zu verstehen, sondern eher als persönlicher Kampf mit dunklen, traumatisierenden Ereignissen. Bei Noah ist es der Tod des Vaters, dem der Junge als Journalist nacheifert; bei Gene ist es das lang zurückliegende Verschwinden seines Sohnes, das auch seine Ehe zerstört hat. Der aktuellen Modeerscheinung im Horrorkino, das Grauen lediglich psychologisch und allegorisch aufzuladen, widersteht der Film allerdings. Das Fantastische ist in „Monster Summer“ keine falsche Fährte, sondern das eigentliche Spektakel.
Aktuelle Kinotrends sind für Regisseur David Henrie auch deshalb weniger interessant, weil er sich hier entschieden nostalgisch gibt. Mit Lorraine Bracco und Mel Gibson hat er zwei Stars besetzt, die ihre Glanzzeit im letzten Jahrtausend hatten. Zudem widmet sich „Monster Summer“ seiner Kleinstadt-Idylle mit offensiven Retro-Anleihen. Die Handlung ist im Jahr 1997 angesiedelt; das Neuengland-Setting mit jugendlicher Baumhaus-Romantik und übersinnlicher Invasion erinnert an ältere Filme von Steven Spielberg und an die frühen, im fiktiven Städtchen Castle Rock angesiedelten Romane von Stephen King. Es ist eine Welt, die trotz all ihrer unbehaglichen Geschehnisse eine wohlige Heimeligkeit vermittelt.
Im referenzreichen Kosmos von „Monster Summer“ geht es um trügerische Gewissheiten, verlorene Unschuld sowie um Protagonisten, die mit inneren und äußeren Bestien ringen. An der Freundschaft der Jugendlichen ist die Inszenierung dagegen weniger interessiert. Noahs Kumpel bleiben erstaunlich blass und ihr Schicksal zweitrangig. Die Aufmerksamkeit liegt mehr auf der väterlich freundschaftlichen Beziehung zwischen dem Jungen und Gene. Mel Gibson verkörpert seine Figur gewohnt souverän, wenn auch streckenweise etwas routiniert als Querkopf alter Schule mit markigen Sprüchen und großem Herz. Wenn er der Ursache der seelenlosen Kinder auf den Grund gehen will, wirkt er in seinem alten VW-Käfer mit baumelndem Rosenkranz wie ein kauziger Detektiv, der bescheiden gegen das Böse kämpft.
Im Bann mythischer Kräfte
„Monster Summer“ verbindet mythische Motive und Coming-of-Age-Geschichte zu einem Film, der in sich schlüssig und solide inszeniert ist, zugleich aber ein wenig konturlos wirkt. Noah und Gene hätten eine etwas genauere Charakterzeichnung vertragen können; ihren Dilemmas fehlt es an emotionalem Gewicht. Statt einen eigenen Zugang zu der an Spielberg und King angelehnten Welt zu finden oder zumindest ihrer dramatischen Komplexität nahezukommen, vertraut Regisseur David Henrie zu sehr auf bewährte Schablonen. „Monster Summer“ ist bisweilen spannend und lustig, fühlt sich letztlich aber zu blutleer an, um sich wirklich einzuprägen.