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Filmkritik
Was haben ein Autoreifen, eine Lederjacke und eine Fliege gemein? Sie sind allesamt Hauptakteure in den Filmen von Quentin Dupieux. Erwähnenswert ist das vor allem, weil der Reifen in „Rubber“ ein psychogenetischer Serienkiller, die Lederjacke in „Monsieur Killerstyle“ ein identitätsverschlingendes Psychomonster und die Fliege im neuen Film so groß wie ein Hausschwein und genauso hungrig ist. Auch wenn der Begriff des Autorenfilms ein wenig aus der Mode gekommen ist, trifft er auf das Kino von Quentin Dupieux schon deshalb zu, weil der französische Regisseur zumeist Regie, Drehbuch, Kamera und Schnitt in Personalunion vereint. Mehr aber noch sind es die Geschichten, die augenblicklich niemand anderer so lakonisch erzählt wie er. Der Regie-Autodidakt scheint dabei nur einer Regel zu folgen: „Keep it simple!“ Seine Hauptakteure sind zwar ungewöhnlich, doch damit hat es sich dann auch. Sie genügen sich schlicht selbst, sind präsent und werden nicht hinterfragt. Von daher ist Dupieux in gewisser Weise auch ein Märchenerzähler und zwar einer von der skurrilen Sorte.
Eine lebende Drohne
Der deutsche Titel von „Mandibules“ versucht eher hilflos, den Inhalt der Geschichte zu umreißen. Im Original heißt der Film schlicht „Kauwerkzeuge“. Zudem „kommt“ die Fliege nicht, sie ist einfach da. Nämlich im Kofferraum eines alten Mercedes am Strand, wo in der Regel Manu (Grégoire Ludig) die Nacht im Schlafsack verpennt. Das Auto hat der schlicht gestrickte Wegelagerer kurzerhand geklaut, weil er einen Gelegenheitsauftrag erledigen soll, der ihm 500 Dollar einbringen könnte. Die Bedingung dafür ist: nichts fragen, nichts sehen, nur eine Kiste abliefern.
Zusammen mit seinem nicht minder einfältigen Kumpel Jean-Gab (David Marsais) macht er sich auf dem Weg und entdeckt bei einer Pause am Wegesrand die riesige Fliege. Damit sie nicht wegfliegt, wird sie gefesselt. Man könnte sie ja füttern, zähmen und trainieren und dann für Banküberfälle abrichten. Quasi als lebendige Drohne. Dass darüber für ein paar Tage der Kisten-Auftrag vernachlässigt wird, der Trailer eines Fremden zu Bruch geht und auch ein mehrtägiger Zwischenstopp bei einer Fremden namens Cécile (India Hair) Platz hat, die Manu mit einem alten Freund verwechselt, ist nur Nebensache. Viel interessanter scheint, dass Jean-Gabs Plan, die Fliege durch Füttern gefügig zu machen, langsam Früchte trägt.
Der Alltag folgt keiner Spannungskurve
Wie im richtigen Leben passieren bei Dupieux Dinge nicht deshalb, weil sie im Drehbuch einen Sinn ergeben, sondern weil sie halt passieren. Auch hier hat sich der Autor wieder Dinge ausgedacht, die an sich nicht der Rede wert sind. Der Alltag folgt hier keiner Spannungskurve und ist banal, wenn auch mit Fliege. Dieses unglaubliche Insekt, das Manu und Jean-Gab peu à peu in ihren unspektakulären Alltag einbauen. Das Erstaunliche und irgendwie ja auch Märchenhafte daran ist, dass die Fliege mit der Zeit ihre Exzeptionalität verliert. Sie wird ein normaler Teil der Geschichte, sodass man sich nach kaum 70 Minuten auch nicht weiter wundert, wenn der Film einfach endet – mit einer gelungenen Pointe.
Auch wenn der deutsche Titel es vielleicht insinuiert, handelt es sich bei „Eine Fliege kommt selten nicht allein“ um keine reine Komödie. Eher um ein Drama, das so absurd ist, dass man zwischendurch immer wieder schmunzeln muss, zumindest in der ersten Hälfte. Es gibt Tote, zumindest Vierbeinige, was dem Märchen eine gewisse Tragik verleiht. Eine „Moral von der Geschichte“ gibt es nicht zu verkünden. Dazu ist Dupieux nicht didaktisch genug. Schon Konfuzius sagte ja nicht nur: „Halten es einfach!“, sondern fügte hinzu: „Konzentriere dich aufs Wesentliche.“ Unterhaltung kann so einfach sein!