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Filmkritik
In einer chinesischen Provinz, in der ein Ehepaar unter der Ein-Kind-Politik des Landes leidet, wird die kleine Yun vor den Augen ihrer Schwester Mei verschleppt. Jahre später, als erwachsene Kung-Fu-Meisterin, begibt sich Mei (Yaxi Liu) nach Rom, wo Yuns Spur endet. Um ihre Schwester zu finden, ist Mei bereit, allen, die ihr etwas angetan haben, die Nasen einzuschlagen und die Beine zu brechen. Ihre Suche führt sie zu den rivalisierenden Restaurantbesitzern Wang (Chunyu Shanshan) und Annibale (Marco Giallini), die neben ihren kulinarischen Eskapaden in allerlei kriminelle Machenschaften verstrickt sind. Als Mei beginnt, sich in die Angelegenheiten der beiden Patriarchen einzumischen, trifft sie auf den italienischen Koch Marcello (Enrico Borello), der seit einiger Zeit seinen Vater vermisst.
Kulturfusion und Sprachbarrieren
In „Kung Fu in Rome“ von Gabriele Mainetti prallen unentwegt östliche und westliche Kultur aufeinander: Die Kämpferin aus dem ländlichen China verliebt sich in den Koch aus dem urbanen Rom, während sich das italienische Restaurant im Kleinkrieg mit dem asiatischen befindet. Ebenso werden Filmstile und Referenzen durcheinandergewürfelt: Das klassische Hongkong-Kino, inklusive einiger Verweise auf Bruce Lee, ist natürlich stilgebend, doch die Optik erinnert eher an westliches Hollywood-Actionkino. Der Prolog sieht nach einem fernöstlichen Epos aus, doch wenn Mei und Marcello auf dem Motorrad die Sehenswürdigkeiten Roms passieren, kann man sich der Erinnerung an „Ein Herz und eine Krone“ nicht erwehren.
In der Fusion dieser beiden Welten bleiben die meisten Zutaten jedoch geschmacksneutral. So sehr die Kung-Fu-Action vor Ideenreichtum und technischer Finesse glänzt, so generisch kommt der Rest des Films daher. Viele Szenen wirken wie erste Entwürfe, in denen Plot-Points und Figurenentwicklungen abgehakt werden, um die Geschichte mäßig kreativ voranzubringen. Eine besonders befremdliche Entscheidung ist der Umgang mit der Sprachbarriere zwischen Mei und Marcello. Statt eine Liebesgeschichte ohne Worte zu erzählen oder eine spezielle Möglichkeit zu finden, wie die beiden sich verständigen können, wird im kompletten Film ein Smartphone mit Übersetzungssoftware bemüht. Wenn eine Figur ihren dramatischen Monolog hält, während ihr Partner auf die Sprachausgabe warten muss, wirkt das geradezu komödiantisch.
Als Komödie würde der Film ohnehin an vielen Stellen besser funktionieren: Die absurde Prämisse, die überladene Story und der unkonventionelle Genremix würden genügend Zündstoff für einen kurzweiligen Trip zwischen Kampfsport, Küssen und Kolosseum liefern. Doch leider nimmt sich „Kung Fu in Rome“ in den entscheidenden Momenten einfach zu ernst.
Was der Titel verspricht
Der deutsche Verleih entschloss sich, den Titel „La città proibita“ – wörtlich übersetzt „Die verbotene Stadt“ – durch das wesentlich schmissigere „Kung Fu in Rome“ zu ersetzen. Der neue Name gibt ein simples Versprechen: eine temporeiche Martial-Arts-Schlacht quer durch die ewige Stadt. Die daraus entstehenden Erwartungshaltungen entpuppen sich jedoch als zweischneidiges Schwert, denn nur in einigen Szenen hält der Film, was sein deutscher Titel verspricht. Direkt zu Beginn glänzt „Kung Fu in Rome“ mit Kampfsequenzen, die sowohl choreografische als auch visuelle Glanzmomente sind. Neben Fäusten und Handkanten kommen auch zertrümmerte CDs, allerhand Küchengeräte, Käsereiben und später sogar Fische zum Einsatz. Eben genau das, was man sich erhofft, wenn eine wütende Kämpferin Küchenkeile austeilt.
Doch dieser fulminante Auftakt muss schnell diversen anderen Erzählimpulsen weichen. Aus der schlanken Rachestory wird ein Gangsterthriller, ein transkulturelles Familiendrama und schließlich auch noch eine Liebesgeschichte zwischen Mei und Marcello. In Nebenhandlungen versucht Restaurantchef Wang, das Rapkonzert seines entfremdeten Sohnes zu promoten, während sein Konkurrent Annibale Marcellos Mutter (Sabrina Ferilli) Avancen macht. Als die letzte halbe Stunde des (mit 139 Minuten ohnehin etwas zu langen) Films genutzt wird, um diese weniger interessanteren Storylines abzuschließen, ist der Enthusiasmus der ersten Szenen nur noch eine vage Erinnerung.
Rachestory mit zu vielen Beilagen
In „Kung Fu in Rome“ steckt ein hervorragender Martial-Arts-Film – der sich mit einer durchschnittlichen Gangster-Geschichte und einer halbgaren romantischen Komödie vermengt. Es ist Mainetti zugutezuhalten, dass er aus seinem Film mehr machen wollte als eine bloße Gewaltorgie. Doch der spannende Ansatz, zwei Kulturen in einen wilden Genremix aufeinanderprallen zu lassen, wird nur in wenigen Momenten greifbar. Die verästelten Familienkonstellationen verfallen immer wieder in Klischees, und die politischen Themen, die bei der chinesischen Politik anfangen und in Fragen nach Identität und Nationalität gipfeln, werden nicht zu Ende gedacht. Ironischerweise wird der Film damit zur Antithese seines eigenen Themas: Chinesische und italienische Zutaten ergeben vermengt kein neues, spannendes Gericht, sondern ein durchwachsenes Gulasch, aus dem man sich die Leckerbissen heraussuchen muss.
In seinen stärksten Momenten bietet „Kung Fu in Rome“ alles, was Actionfans in freudige Aufregung versetzt – und allein das ist schon einen genaueren Blick wert. Nur muss man einiges an trockenen Beilagen verdauen, um sich von Highlight zu Highlight durchzukosten.