Filmplakat von Friendly Fire

Friendly Fire

94 min | Drama, Kriegsfilm | FSK 12
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Rojda ist gebürtige Kurdin und Soldatin bei der deutschen Bundeswehr. Als ihre Mutter aus dem Irak flieht und ihre Schwester dort vermisst wird, lässt sie sich in ihre alte Heimat versetzen, um ihre Schwester zu suchen. Im Irak bildet sie zusammen mit ihren Kameraden kurdische Peschmergakämpferinnen aus. Doch plötzlich steht sie mitten im Kampf und muss sich entscheiden.

Vorstellungen

Neues Maxim Kino München
Neues Maxim Kino München
Landshuter Allee 33
80637 München
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82319 Starnberg
Kino Breitwand im Schloß Seefeld
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Kino in der Lagerhalle
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Kino Breitwand Gauting
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82131 Gauting

Filmkritik

Noch vor dem Titel wird bei schwarzem Bild ein Gedicht aus dem Off gesprochen. Es handelt von dem, was bleibt. Von Worten, die bleiben, von Gefühlen, Gedanken, Wissen und Angst, Zorn und Widerstand, die bleiben, auch von Wünschen und Hoffnungen, die bleiben. Und dass die Welt, wenn doch einiges bleibe, (hoffentlich) auch bleiben möge. „Was bleibt?“ titelt denn auch das Gedicht. Es folgt mit den ersten Filmbildern eine Szene auf dem Friedhof Kensal Green in London. Sie zeigt zwei Männer mittleren Alters, die zwischen Grabsteinen über das verwachsene Gelände stolpern. Es sind Klaus und David Fried. Sie sind Halbbrüder, Klaus ist 1969, David 1958 geboren. Am Grab ihres Vaters Erich Fried, der das eben erwähnte Gedicht kurz vor seinem Tod geschrieben hat, bleiben sie schließlich stehen.

Ein Grab in marodem Zustand

„Erich Fried, Dichter, 1921-1988“ ist auf dem Grabstein zu lesen. Der Stein ist verwittert. Klaus und David unterhalten sich über dessen maroden Zustand. Dass man dessen Risse flicken, das Grabmal irgendwie stabilisieren müsse. Klaus und David sind zwei von insgesamt sechs Kindern, die Erich Fried in drei Ehen zeugte. Klaus, sein Zwillingsbruder Tom und ihre vier Jahre ältere Schwester Petra stammen aus Frieds dritter Ehe mit Catherine Boswell-Fried, David und eine Schwester aus der zweiten mit Nan Spence-Eicher, aus der ersten mit Maria Marburg ging der Sohn Hans hervor.

Die dritte Szene des Films dann spielt in einer Wohnung. Klaus Fried, ein Mann mit einer Kamera und Petra Fried sitzen an einem Tisch in einem Wohnzimmer, mit im Bild ist auch eine Katze. Petra liest aus Catherine Boswell-Frieds Erinnerungen an ihren Mann. Erich habe immer gearbeitet, heißt es im Text; als er schwer erkrankte, habe er aber alle seine Termine abgesagt. Doch als sich im November 1988 die Pogromnacht zum 50. Mal jährte, ließ er es sich nicht nehmen, nach Baden-Baden zu reisen, um an einer Talkshow im SWR teilzunehmen; er habe sich vom irdischen Sein verabschiedet, ohne in besagter Sendung noch auftreten zu können.

Nach dieser Einführung erst folgt mit „ Friendly Fire“ der Titel dieses ersten abendfüllenden Films von Klaus Fried. Im Vorspann benennt er Julia Albrecht, die Schnitt und Ton besorgte, als für dessen Realisierung verantwortlich. Klaus Fried tritt in „Friendly Fire“ zudem persönlich auf und nimmt die Zuschauer und Zuschauerinnen als Reiseleiter mit auf seine Recherche nach der Lebensgeschichte seines Vaters und damit auch derjenigen nach seiner eigenen Herkunft.

Von London zu den anderen Orten von Erich Frieds Geschichte

Klaus Fried reist dabei von London, wo er aufgewachsen ist und noch heute lebt, nach Wien, Berlin und an andere Orte, an denen die Geschichte seiner Vorfahren und Familie väterlicherseits spielte – und sich noch heute weiterspinnt. Er trifft dabei viele verschiedene Menschen. Familienmitglieder und Verwandte. Freunde und Bekannte seines Vaters. Das Ehepaar, das heute in der Wohnung lebt, in der Erich Fried zusammen mit seinen Eltern bis zu seiner Emigration 1938 in Wien hauste. Er trifft auch Archivare und Historiker, die mit Erich Frieds Werk vertraut oder mit seinem Nachlass betraut sind und die viel über sein Schicksal zu erzählen wissen.

Klaus’ fünf Geschwister treten in diesem kunterbunten Reigen als seine engsten Vertrauten öfters in Erscheinung. Ihre Erinnerungen an den gemeinsamen Vater modellieren Erich Frieds Bild im Privaten. Es ist nicht unbedingt das eines gütigen und umsorgenden Familienoberhauptes, sondern eher das eines von den Geistern und Schrecken der eigenen Vergangenheit und von weltpolitischen Entwicklungen getriebenen Mannes, der seinen Kindern zwar ab und zu zuhörte und zärtlich übers Haar strich, aber nie ganz für sie da war. Ähnlich, lässt der Film vermuten, dürfte es ihren drei Müttern ergangen sein.

Denn draußen wartete die ganze Welt auf Erich Fried. Auf seine präzise gefeilten und scharf formulierten Gedichte, die oft politisch waren, aber auch unendlich zart sein konnten und von großer Sensibilität zeugten. Auf seine Kurzgeschichten und Übersetzungen weltbekannter Autoren und Autorinnen. Auch auf seine Stellungnahmen und politischen Einmischungen. Es gab nichts, wozu sich Erich Fried, der als jüdischer Emigrant, linken Ideologien zugewandter Pazifist und überzeugter Antifaschist immer irgendwie dazwischenstand, nicht äußerte. Und die 1970er- und 1980er-Jahre, in denen Klaus Fried seinen Vater persönlich erlebte, waren – geprägt von Vietnamkrieg und den Nachwehen der Studentenbewegungen, vom Kalten Krieg, den Spannungen im Nahen Osten und dem Auftreten verschiedener extremistischer Gruppierungen – eine unruhige Zeit. Die Wohnung in London, in der Erich Fried mit Klaus, Tom, Petra und ihrer Mutter in den letzten Jahren seines Lebens wohnte, heißt es in „Friendly Fire“, sei eine oft zum Bersten volle „German Embassy of the Left“ gewesen. Eine Absteige, in der Idealist:innen, Terrorist:innen und kiffende Hippies, die in Fried einen politischen Guru sahen, sich versammelten, manchmal Rat erhielten und zeitweise auch Unterschlupf fanden.

Eine vielschichtige und schillernde Familiensaga

„Friendly Fire“ ist der Struktur nach eine Art essayistisches Road Movie, in dem sich aus unterschiedlichsten Quellen stammende Informationen zu einer vielschichtigen und schillernden Familiensaga verdichten. Der erste Teil des Films beschäftigt sich mit Erich Frieds Kindheit und Jugend in Wien, die – nachdem sein Vater durch die Gestapo verhaftet wurde und 1938 an den Folgen von Misshandlungen starb – mit der Emigration Erichs und seiner Mutter nach London traumatisch endeten. Der zweite Teil fokussiert auf die Zeit der 1960er- bis 1980er-Jahre, in denen der im Londoner Exil lebende Österreicher Erich Fried als einer der wichtigsten deutschsprachigen Schriftsteller gefeiert – aber auch scharf kritisiert wird.

Klaus Fried nähert sich seinem Vater mit der Beharrlichkeit und der Neugier eines Feldforschers und Entdeckers. In seinem Film kombinieren sich zeitgenössisches Archivmaterial mit gegenwärtigen Dokumentaraufnahmen und historischen Aufzeichnungen von vom Dichter selbst vorgetragenen Gedichten wie „Vexierbild“, „Verstandesaufnahme“ und „Die Zeit der Steine“. Die zwischendurch eingeflochtenen Erinnerungen der sechs Kinder bilden den roten Faden in diesem Film, der das faszinierende Porträt eines großen Dichters und geliebten, aber nicht perfekten Vaters ist – und nebenbei einem an Informationen überbordenden Höllenritt durch eine Zeit gleichkommt, in der sich manches ankündigt, was heute beunruhigende Realität ist.

Veröffentlicht auf filmdienst.deFriendly FireVon: Irene Genhart (19.8.2025)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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