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Filmkritik
Der isländische Regisseur Baltasar Kormákur hat ein Faible für Naturkatastrophen. Nach „The Deep“ (fd 41 773) und „Everest“ (fd 43 350) hat er sich mit seiner offenbar hochgradig durchtrainierten Crew auf eine Yacht begeben, die mitten in ein Unwetter der ultimativen Art hineinsegelt. Grundlage bot ihm dafür eine viel gelesene Nacherzählung der Ereignisse durch die Überlebende, die nach dem Zusammenstoß mit Wind und Wellen auf der schwer angeschlagenen und fast navigationsunfähigen Yacht 41 Tage im offenen Meer zubrachte. Kormákur weiß mit den Unbillen der Witterung und deren destruktiven Kräften umzugehen. Er kennt sich auf Segelschiffen aus und findet sich unter Wasser ebenso gut zurecht wie an Bord eines treibenden Bootes. Hätte er sich allein darauf konzentriert, so wäre „Die Farbe des Horizonts“ vermutlich ein ähnlich faszinierender Film geworden wie J.C. Chandors „All Is Lost“ (fd 42 127). Vielleicht hätte die Schauspielerin Shailene Woodley sogar das Zeug zu einer ähnlichen Intensität wie Robert Redford gehabt, um den Film zu einer ähnlich existenziellen Parabel werden zu lassen, mit der sich „All Is Lost“ von zahllosen Robinsonaden und Katastrophenfilmen der Filmgeschichte unterscheidet. Ob Kormákur der eigenen Vision zu wenig traute oder ob ihm ein schlecht beratener Produzent ins Handwerk pfuschte, lässt sich im Nachhinein kaum herausfinden. Jedenfalls begeht er den großen Fehler, das Schicksal der Protagonistin mit Rückblenden in ihr wenig bemerkenswertes Liebesleben zu mischen und die Dramatik des lebensgefährlichen Kampfs mit der unerbittlichen, gewalttätigen Natur immer wieder durch sentimentale Banalitäten zu unterbrechen. Der vermeintliche Vorteil, mehr über die unstete junge Frau und ihren attraktiven, aber mit viel seelischem Ballast beladenen Zufallsfreund zu erfahren, verblasst angesichts der Konsequenzen für die Identifikationsfähigkeit des Publikums mit individuellem Heroismus. Auch für eine Konfrontation mit der Fragwürdigkeit menschlicher Selbstbestimmbarkeit unter extremen existenziellen Herausforderungen erweist sich die konventionelle, zersplitternde Machart des Films als kontraproduktiv. So hat man es bei „Die Farbe des Horizonts“ lediglich mit einem Film zu tun, der seine eigenen Ansprüche zugunsten einer über weite Strecken höchst lapidaren Allerweltsgeschichte aufgibt. Die Zufallsreise zweier gut aussehender, aber wenig bemerkenswerter Menschen von Tahiti nach San Diego ist damit genau das geworden, was Kormákur zunächst vermutlich überhaupt nicht im Sinn hatte: ein generisches Liebesdrama mit schicksalhaften Folgen.