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A House of Dynamite

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Satelliten orten eine Atomrakete, die auf die USA zusteuert. Der Countdown bis zum möglichen Einschlag in Chicago läuft, und in den zuständigen militärischen und politischen Institutionen bricht hektische Betriebsamkeit aus. Zwar ist das Notfallprotokoll längst eingeübt, doch als der erste Abschussversuch scheitert, wächst die Nervosität. Bald steht die Frage im Raum, ob ein präventiver Gegenschlag notwendig ist.
Der Film begleitet verschiedene Protagonisten – von Soldaten auf einer Raketenabwehrbasis bis hin zum US-Präsidenten – und zeichnet in zeitlichen Schleifen die verzweifelten Bemühungen nach, den Countdown aufzuhalten.
  • Veröffentlichung09.10.2025
  • Kathryn Bigelow
  • Vereinigte Staaten (2025)
  • 112 Minuten
  • DramaThrillerKriegsfilm
  • FSK 16
  • 7.1/10 (703) Stimmen
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Zweimal zeigt „A House of Dynamite“ den Horizont. Zu Beginn jenes Morgens, dessen Ende der Film nicht mehr zeigen wird, und bei einem Anruf, den die First Lady (Renée Elise Goldsberry) entgegennimmt. Der erste Blick zum Himmel wird bereits nach Sekunden von einem Flugabwehrgeschütz verstellt. Der Frau des Präsidenten bleiben später, inmitten einer Gruppe von Elefanten stehend, immerhin noch einige Minuten in einer Welt, die nur die Faszination für das Leben kennt, die einen Horizont sieht und ein Morgen kennt.

Wenn der Ernstfall eintritt

Tatsächlich hat zu diesem Zeitpunkt aber ein Raketenstart im Pazifik bereits das Ende der Erde eingeläutet. Zunächst glaubt man auf den Überwachungsbildschirmen der Sicherheits- und Militärbehörden nur eine Testrakete zu beobachten. Wenig später aber steigt der Flugkörper in Richtung Stratosphäre auf. Kurs und Flugzeit sind schnell berechnet. Nicht einmal 20 Minuten trennen die Rakete von ihrem Ziel, dem mittleren Westen der USA. Damit wird erste Mal in der Geschichte Defcom 2, die Vorstufe des Nuklearkriegs, für die US-Streitkräfte ausgerufen. Wo vor dreißig Minuten noch Chipstüten herumgereicht, Frühstücksbestellungen aufgegeben und Witze gemacht wurden, durchlaufen die Menschen, die für Sicherheitsbehörden, den Katastrophenschutz oder das Militär arbeiten, nun das tausend Mal geprobte Prozedere des Ernstfalls.

Hektisch verschaltet der Film die Einsatzzentralen, er zieht Kommunikationslinien und breitet entlang der Hilflosigkeit, die sich in allen bald breit macht, eine fast zweistündige Erfahrung der Angst aus. Die ausgefeilten und komplexen Leitlinien für den möglichen Nuklearkrieg bestimmen alle Handgriffe. Diejenigen, die sie ausführen, hoffen, dass die Katastrophe noch abwendbar ist. Wieder und wieder versichert man sich gegenseitig, dass es sich um einen Fehler handeln müsse, dass das nationale Abfangsystem die Rakete aufhalten werde, dass die Rakete vielleicht gar keine nukleare Ladung trage. Wieder und wieder bestätigt man sich gegenseitig, die Sache im Griff zu haben, während die Defcon-Stufen weiter bis zur Vernichtung herunterzählen.

Bis hoch zum Präsidenten

Der Film beginnt bei Captain Olivia Walker (Rebecca Ferguson), die morgens vor der Arbeit ihr Kind küsst, den Ehemann verabschiedet und ihren Arbeitstag im Weißen Haus beginnt. Als der Tag aus ihrer Sicht endet, beginnt er aus Perspektive des Verteidigungsministers (Jared Harris) erneut. „A House of Dynamite“ arbeitet sich in drei Durchläufen durch das nuklearen Angriffsszenario und die dazugehörigen Hierarchien. Mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten (Idris Elba) endet der Film.

Der Nuklearkrieg ist dabei immer als Szenario gezeichnet, das die Menschen ausklammert. Bereits bei Defcon 2 beginnt der Eskalationsapparat, die Entscheidungsträger aus der Gleichung zu streichen. Diejenigen, die eben noch Prozesse überwachten, werden dem Protokoll entsprechend in Bunker und Schutzeinrichtungen begleitet. Der Secret Service führt den Verantwortlichen Admiral Miller (Jason Clark) ab, der Präsident selbst wird von seinen Sicherheitskräften in den nächsten Hubschrauber gesetzt und von einem jungen Navy-Offizier (Kyle Allen), der den legendären Atomkoffer trägt, über seine Handlungsoptionen informiert. Der Atomkrieg wird Realität. Der Mensch, egal wo er steht, kann nur noch die letzten Optionen vor dem Unausweichlichen abnicken.

Wenn der Wahnsinn Realität wird

„This is insanity“, sagt der Präsident. „This is reality“, antwortet ihm General Brady (Tracy Letts). In der Realität, die das Drehbuch von Noah Oppenheim beschreibt, haben beide Recht. Als Thriller, der genau das kalt ausformuliert, der sich entlang der unaufhaltsamen Maschinerie der völligen Vernichtung sortiert, ist „A House of Dynamite“ absolut gnadenlos. Regisseurin Katheryn Bigelow webt aus einer Reihe von Notfall-Konferenzen dichtes und atemloses Terrorkino – und bleibt trotz Ton und Tempo bei einem geradezu verblüffend menschlichen Film. Die Eskalationsmechanik sortiert die Handlung; die Verzweiflung aber, mit der alle Akteure sich an das hängen, was vernichtet werden könnte, macht den Film aus.

Die Einzelschicksale, die in den frenetischen Schnittfolgen des Defcon-Countdowns zusammengeworfen werden, ergeben in ihrem absurden Vorher-Nachher-Kontrast ein furchteinflößendes Abbild einer todgeweihten Menschheit. Der Mann, der eben noch ein Bad im Pazifik nahm, sieht wenige Minuten später zu, wie Nuklearwaffen an seinen Bomber montiert werden. Einen weiteren Schnitt später ist er bereit, das Ende der Welt einzuläuten. Die Frau, die eben noch mit ihrem Sohn vor der Spielzeugeisenbahn saß; der Mann, der seinen Tag in Angst vor dem Heiratsantrag begann, den er seiner Frau machen wollte, sie alle starren bald als verantwortliche, aber doch hilflose Akteure der globalen Vernichtung entgegen und klammern sich dabei verzweifelt an das letzte bisschen Menschsein, das ihnen bleibt.

Der Film glaubt an den Appell des Russell-Einstein-Manifests und zeichnet dort eine über die Gesamtmenschheit gültigen Übereinkunft, wo sich jede Figur letztlich an nichts anderes klammert als an das Menschsein. Nur: Was wenn das nicht mehr reicht?

Veröffentlicht auf filmdienst.deA House of DynamiteVon: Karsten Munt (8.10.2025)
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